"Diese Frage ist nicht zu beantworten." Diesen Satz spuckt ChatGPT aus, wenn man um Input zur Fragestellung "Wie stark ist Ihre Führungskraft?" bittet. Wissenschaftlerin Assoz. Prof.in Dr.in Sabine Bergner, Auftaktspeakerin bei der Herbst-Edition des Business Brunch, hackte zusätzlich beim humoristischen KI-Tool Punshline nach. Das Ergebnis: "Die Stärke der Führungskraft ist abhängig vom Bizepsumfang Ihres Chefs." So unrecht hat der Chatbot nicht. Die vielfältigen Insights von Bergner und ihren PodiumsgefährtInnen Mag. Susanne Maurer-Aldrian, MBA, und Mag. Herwig Kummer, zeigten deutlich: Führung ist ein trainierbarer Muskel. "Führungsstärke ist nicht absolut, sondern relativ", unterstreicht Bergner. Ihre Erfahrung in der Führungsforschung verdeutlicht: "Führungskraft ist nicht nur von führenden Personen, deren Verhaltensstilen, Persönlichkeit und Motiven geprägt. Sie ist auch immer abhängig von den Geführten, den Aufgaben, dem Umfeld und den Perspektiven." Leadership ist also kein Vakuum und insbesondere in ein soziales Gefüge eingewoben.
Zulassen und Loslassen
Herwig Kummer, Leiter des Personalmanagements bei ÖAMTC, etablierte in seinem Unternehmen die "Expedition Führung", in der sich Führungskräfte in Eigenverantwortung, Selbststeuerung und Freiwilligkeit üben und selbst erarbeiten, wie sie Führung erfahren möchten. "Es passiert sehr viel, wenn man Menschen den Raum dafür gibt. Unsere Erfahrung zeigt: Wenn du im Leadership zulässt, wachsen Persönlichkeit, Kraft und Commitment quasi automatisch." Aber wo liegt eigentlich das Epizentrum der Führungskraft per se? "Die Kraft entsteht aus den Menschen, aus der Organisation und aus den Beziehungen heraus", hält Kummer fest. Wie Führung fern der Einbahnstraße, fair, bedürfnisorientiert, auf Augenhöhe, empathisch, mit viel Mentoring und der entsprechenden Portion Beziehungsarbeit funktionieren kann, legt Susanne Maurer-Aldrian, seit 18 Jahren in Führungsposition, dar. Als Geschäftsführerin von LebensGroß (vormals Lebenshilfe) arbeitet sie mit 1.500 MitarbeiterInnen am Punkt der Gesellschaft. "Wir müssen in Österreich noch üben, jeden Menschen im Unternehmen tatsächlich in seiner individuellen Größe wahrzunehmen und entsprechend mit Aufgaben zu betrauen." Maurer-Aldrians Insight fokussiert das "Positive Leadership" und die intensive Auseinandersetzung mit den für ein Unternehmen tätigen Menschen. "Die Haltungen, die man von Mitarbeitenden fordert, müssen auch im eigenen Führungsstil integriert sein." Auch mit pessimistischen Ansätzen wurde im Rahmen der Podiumsdiskussion nicht gespart. Kummer: "Aktuell gibt es ja einige Beispiele, zu welchen Ergebnissen man kommt, wenn man nicht führt." Bergner: "Leider passiert Führung nicht selten nebenbei. Führungsaufgaben sollten aber separat betrachtet werden - vor allem, wenn es darum geht, wichtige Beziehungsarbeit zu seinem Team und seinen MitarbeiterInnen zu pflegen. Es muss klar sein, dass dies Zeit braucht und kein Nebenjob ist." Die Frage aller Fragen: Wann ist Führung eigentlich erfolgreich? "Diese Frage ist nicht beantwortbar", sagt ChatGPT in fast schon österreichischer Manier. Man legt sich dahingehend nicht fest. Der Tenor der Speaker: Führungserfolg ist ein politischer Unternehmensprozess und die Summe aus wirtschaftlichen Kennzahlen multipliziert mit dem Faktor Mensch. "Man muss erst Erfolgsziele definieren, um Führungskraft erleben zu können."
Mehr zum Veranstaltungsformat Business Brunch