Es braucht vor allem eine gefestigte Persönlichkeit, wenn man Lernprozesse mit Erwachsenen initiiert und begleitet. Univ.-Prof.in Dr.in Elke Gruber ist seit über 30 Jahren Fachexpertin auf dem Gebiet und hat die wissenschaftliche Leitung des Masterlehrgangs Erwachsenenbildung/Weiterbildung über. Im Interview legt sie die Werte der Erwachsenenbildung dar und zeigt auf, in welchem Spannungsfeld Lernen heute angesichts der Digitalisierung, Individualisierung bzw. räumlicher, zeitlicher und örtlicher Entgrenzung steht.
Was sind in der Begleitung von erwachsenen Lernenden eigentlich die größten Herausforderungen?
Gruber: "Zuallererst geht es um die Achtung der Situation, also um die Achtung des Lernprozesses an sich, egal, ob dieser digital oder präsent passiert. Lernen ist wichtig, lernen ist notwendig, aber es soll gleichermaßen erfüllend sein. Damit dieser Aspekt eintritt, braucht es ein Agieren auf Augenhöhe, eine breite Reflexionsfähigkeit der Lehrenden und viel Geduld. Lernen ist nämlich nicht mit einem Gefäß zu vergleichen, das man mal eben so im Vorbeigehen füllt."
Welchem Wertewandel ist Weiterbildung derzeit unterlegen?
Gruber: "Individualisierung ist in der Erwachsenenbildung nichts Neues, wir diskutieren sie seit den 70er Jahren. Sie wurde lediglich durch die Digitalisierung verstärkt. Ökonomische Veränderungen diktieren mehr Einzellösungen, aber aus meiner Sicht wird es auch künftig noch klassische Kurse und Lehrgänge in bestimmten Settings geben, die auf mikrodidaktischer Ebene Individualisierung erfahren. Anders ist es bei innerbetrieblicher Weiterbildung, die aus speziellen Situationen und individuellen Bedürfnissen heraus konzipiert wird. Dieser Zweig wächst enorm."
Wie kann die eigene Biografie zum erfolgreichen Lernweg werden?
"Menschen lernen mit jedem Wimpernschlag, egal, wie fortgeschritten ihr Leben ist. Ich knüpfe lebenslanges Lernen an drei Schlagworte: Müssen, Können, Wollen. Die gesellschaftliche Notwendigkeit des Lernens definiert das Müssen. Kommunikationstheoretiker Paul Watzlawick sagte, man könne nicht nicht kommunizieren. Ich sage: Der Mensch kann, anthropologisch gesehen, nicht nicht lernen, weil wir so viel intuitiv und unbewusst aufnehmen. Das Können ist eng mit der Bildungsgerechtigkeit und Teilhabe verbunden. Hier stellt sich die Frage: Besteht in meiner Bildungsbiografie überhaupt der Zugang zum Lernen? Im Wollen spiegelt sich das Interesse wider. Mit Interesse meine ich nicht Motivation, sondern die Tatsache, dass ich ein Gegenüber z.B. in Form eines Buches, eines Videos, eines Menschen oder einfach nur eines Kunstobjektes brauche, damit ich berührt werde und Lernen gelingen kann. Nur durch diese Berührung kann aus Interesse Kompetenz entstehen. Nicht zu vergessen: Weiterbildung hat viel mit Muse zu tun. Ein Interesse bewusst zu vertiefen ist nichts Beliebiges und mit Sicherheit nicht nur ein Impuls."
Der berufsbegleitende Masterlehrgang "Erwachsenenbildung/Weiterbildung" fokussiert weiteres aktuelles Wissen und relevante Erkenntnisse für ein professionelles Handeln in der Erwachsenen- und Weiterbildung.
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